1919: Ästhetische Debochisierung

Deutschfeinde haben einen neuen Stil erfunden, die « Boche » Kunst, die die zwischen 1871 und 1918 entstandene Kunst und Architektur in Elsass-Lothringen beschreibt. Dazu gehören die Kaiserviertel, die Bahnhöfe von Colmar, Metz und Straßburg, die Hohkönigsburg sowie die Außengestaltung des Theaters in Colmar. Heute ist die « boche »-Kunst Teil des Kulturerbes der Region.

Nach dem Waffenstillstand veröffentlichte der « Nouveau Rhin français » des sehr frankophilen Abbé Wetterlé einen anonymen Artikel, in dem die Zerstörung der Skulpturen im Theater von Colmar unter dem Vorwand, sie seien « boches », gefordert wurde. Der Autor, dessen Prosa der von Hansi ähnelt, ist bösgläubig.

Die klassisch gestalteten Köpfe aus Sandstein sind weder monströs noch unanständig. Es ist normal, ein Theater mit Skulpturen zu schmücken, die an seine Funktion erinnern.

Außerhalb der Reichweite am Rand des Daches angebracht, hatten die geschnitzten Köpfe mehr Glück als die des Bahnhofs von Colmar, die zerstört wurden.

Gehen Sie zum Unterlinden-Kreuzgang – nachdem Sie natürlich einen Franken bezahlt haben – stellen Sie sich in den Kreuzgang, gegenüber dem Theater, und schauen Sie nach oben. Über dem reinen Juwel der gotischen Architektur sehen Sie die drei monströsen, unanständigen und grinsenden Köpfe, die das Dach des Theaters « schmücken ».

Die Wirkung ist erbärmlich. Diese drei Schrecken stammen aus der Zeit, als « Herr Baurat » Lang seine karminrote Nase in den Gasthäusern der Stadt spazieren führte, als die Herren Hans Kuntz und Siegfried Cramer als Minister für schöne Künste und Schiedsrichter des guten Geschmacks bei unserer Stadtverwaltung fungierten. Heute gibt es jedoch keinen Grund mehr, diese abscheulichen Hässlichkeiten beizubehalten, vor allem nicht in der Nähe eines gotischen Meisterwerks. Sie zu entfernen wäre ein wirksames Werk der Verschönerung und würde weniger kosten als manche Verschönerungsarbeiten.

 » Der „Nouveau Rhin français“ vom 23.11.1919 «